EVANGELISCHE ZEITUNG | |||||
MEDITATION
Begegnung zwischen Zen-Buddhismus und Christentum
Dem eigenen Atem folgen
RATZEBURG/KIEL – Stille herrscht im Raum. Auf niedrigen Hockern sitzen im Ratzeburger Pastoralkolleg mit fast geschlossenen Augen die Teilnehmer eines „Workshops“ und zählen in Gedanken beim Ausatmen von eins bis zehn. „Zazen“ heißt diese Form der Schweige-Meditation, und was so einfach klingt, sei in Wirklichkeit „harte Arbeit“, versichert die Kieler Pastorin Renate Ebeling. Gemeinsam mit dem japanischen Zen-Mönch Taiun Matsunami leitet sie seit zehn Jahren diese Treffen, in denen Christen dem Zen-Buddhismus ganz praktisch begegnen können.
Wohl sei das Christentum kulturell hoch entwickelt, was sie sehr schätze, aber eben auch „wahnsinnig wort- und kopflastig“, fährt die Theologin fort. Dazu habe sie schon bald nach ihrem Studium ein Gegengewicht gesucht. Für viele Christen seien das die meditativen Gesänge aus Taizé – für sie selbst gehöre die Schweige-Meditation „inzwischen zum Tagesablauf wie Zähneputzen“. Kennen gelernt hat Ebeling dieses „Beten mit Leib und Seele“ auf einer Japan-Reise vor zwölf Jahren. In der Stadt Kyoto besuchte sie die morgendlichen Meditations-Stunden, die Taiun Matsunami für Nicht-Buddhisten anbot, und kam mit ihm ins Gespräch. Den Norden Deutschlands kannte der Mönch aus Erzählungen sehr gut: Sein Vater hatte in Hamburg studiert. Schon im folgenden Jahr kam er selbst nach Europa, und der interreligiöse Dialog zwischen Kiel und Kyoto begann. Seitdem finden jährlich die mehrtägigen Treffen statt, bei denen er die Versenkung durch Konzentration auf den eigenen Atem lehrt – und zugleich sein eigenes Wissen über das Christentum vertieft, denn im Mittelpunkt dieser „Workshops“ stehen stets Themen wie „Das Vaterunser“ und zuletzt in diesem Jahr in Ratzeburg „Das Glaubensbekenntnis“. Morgens um viertel nach sechs beginnt die erste von täglich vier Meditations-Übungen: dreimal 20 Minuten im Sitzen; dazwischen gehen die Teilnehmenden jeweils zehn Minuten langsam im Kreis. Es fällt die ganze Zeit kein Wort – Anfang und Ende der Einheiten verkündet der Klang einer kleinen Messingglocke.
Die Kleidung ist bequem – auch Taiun Matsunami trägt seinen Kimono nur bei besonderen zeremoniellen Anlässen. Er schätzt diese Liberalität des Daitokuji-Ordens, den er vertritt – mit seiner 700-jährigen Tradition einer der ältesten in Japan. Wohl sei er Vegetarier, aber eben „nicht sehr strikt“.
von Kare Ahlschwede
Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Seite 2 der Ausgabe vom 24. August 2003.
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