EVANGELISCHE ZEITUNG
 



israel-tag    Zu Beginn eines Benefiz-Konzertes bekannte sich Rachel Rabin-Jakow klar zum friedlichen Miteinander der Völker im Heiligen Land

Oasen auf kargem Boden

KIEL – Der Pflege und Erweiterung des Yitzhak-Rabin-Parks zwischen Tel Aviv und Jerusalem wird der Erlös eines Benefiz-Konzertes zugute kommen, das am vergangenen Sonntag in der St. Nikolai-Kirche zu hören war. Es fand im Rahmen eines Israel-Tages statt, für den Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz und Ministerpräsidentin Heide Simonis gemeinsam die Schirmherrschaft übernommen hatten.
     In bewegenden Worten erinnerte zu Beginn die 78-jährige Rachel Rabin-Jakow an das Leben ihres Bruders, des Staatsmannes und Friedensnobelpreisträgers Yitzhak Rabin. Mit Nachdruck sprach sich die frühere Lehrerin, die gemeinsam mit ihrem in Heidelberg geborenen Ehemann Rafi eigens für diesen Tag nach Deutschland gekommen war, für das friedliche Miteinander der Völker im Heiligen Land aus.

Rachel Rabin-Jakow und Ehemann Rafi.   FOTO: AHLSCHWEDE

     Kaum zu sehen ist die kleine weißhaarige Frau hinter dem Rednerpult. Doch ihr zierliches Äußeres trügt: Rachel Rabin-Jakow ist eine Kämpferin. Ruhig, beinahe sachlich erzählt sie in der St. Nikolai-Kirche von ihrem Bruder Yitzhak. Milch und Honig sollten endlich in Israel fließen, nicht immer noch mehr Blut und Tränen. Das war sein Traum – ein Traum vom Frieden, den der Ministerpräsident vor acht Jahren mit dem Leben bezahlte.
     Und dieser Frieden, von dem während des Israel-Tages in der Landeshauptstadt so oft die Rede ist, scheint heute unerreichbarer denn je. Von Ausweisung des Palästinenser-Präsidenten Yassir Arafat ist die Rede, selbst seine Tötung sei nicht ausgeschlossen, erklären israelische Politiker an diesem Wochenende. Die Falken ziehen ihre Kreise über dem Heiligen Land.
     Rachel Rabin-Jakow trägt beim Empfang im Rathaus ein blaues Halstuch, ihr Mann Rafi eine blaue Krawatte, beide mit weißen Friedenstauben verziert. Diese zwei müssen niemandem beweisen, dass ihnen das Bedürfnis der Israelis nach Sicherheit begreiflich ist. Seit sechs Jahrzehnten wohnt das Ehepaar ganz im Norden an der Grenze zum Libanon – in Reichweite der Katjuscha-Raketen, die immer wieder auf jüdische Siedlungen abgefeuert werden. Aber statt von Vergeltung spricht das Paar unbeirrbar von Versöhnung mit den Palästinensern, deren Sehnsucht nach Frieden ebenso groß sei wie die der Juden.
     Ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zum friedlichen Miteinander in Israel sei die Schaffung einer „lebbaren Umwelt für alle“, gibt Pastor Joachim Liß-Walther zu bedenken. Schon vor fünf Jahren hatte er sich deshalb für die Anpflanzung eines „Kiel-Hains“ in der Negev-Wüste eingesetzt, der 1999 eingeweiht wurde. Jetzt wirkte er als Beauftragter des Kirchenkreises für christlich-jüdische Zusammenarbeit an der Vorbereitung des Israel-Tages in Kiel mit.
     Und auch diesmal geht es um die Begrünung des Heiligen Landes: Der Erlös des Benefiz-Konzertes am vergangenen Sonntagabend in der St. Nikolai-Kirche dient der Erweiterung des Yitzhak-Rabin-Parks, den der Jüdische Nationalfonds zum Gedenken an den ermordeten Friedensnobelpreisträger zwischen Tel Aviv und Jerusalem angelegt hat. Insgesamt wurden in den 102 Jahren seines Bestehens vom Nationalfonds im ganzen Land bereits 220 Millionen Bäume gepflanzt.
     „Grüne Oasen wurden so aus dem kargen Boden gezaubert“, lobt Shimon Stein, Botschafter des Staates Israel in Deutschland, in der Nikolaikirche die Arbeit der Umweltorganisation. Bäume seien ein Symbol für den Frieden, der ja „der sehnlichste Wunsch und die größte Herausforderung“ Rabins war. Die Zeit sei aber offenbar noch immer nicht reif für jenen Ausgleich der Interessen, der für die Existenz eines israelischen und eines palästinensischen Staates erforderlich wäre, meint der Diplomat.
     In seiner Jugend wollte Yitzhak Wasserbau-Ingenieur werden, erinnert sich Rachel Rabin-Jakow. Aber schon damals schien die Zeit nicht reif für ein gewaltloses Handwerk. Das Land brauchte Kämpfer, hieß es, und so wurde ihr Bruder Berufssoldat. Sehr viel später erst legte Yitzhak das Gewehr aus der Hand und kämpfte fortan mit politischen Mitteln für seinen Traum vom friedlichen Miteinander der Völker im Heiligen Land. Und wer der kleinen Frau mit den weißen Haaren zuhört, der spürt dass dieser Traum noch immer Wirklichkeit werden kann.

von Kare Ahlschwede

Der Artikel erschien ursprünglich auf Seite 2 der Ausgabe vom 21. September 2003.

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